2007-09-10 / Stuttgarter Zeitung
Noblesse trotz Attacke
Angela Hewitt und Daniel Müller-Schott spielen im Mozartsaal
Schon vor der Pause, in Benjamin Brittens Sonate C-Dur op. 65 erlebte der umjubelte Auftritt von Angela Hewitt und Daniel Müller-Schott im Mozartsaal einen frühen Höhepunkt. Den beiden langjährigen Publikumslieblingen beim Europäischen Musikfest gelang im dritten Satz, der Elegie, eine wunderbare emotionale Zuspitzung. Ausgehend vom Dialog des Violoncellos in tiefer Lage mit den kristallenen Diskantlagen des Klaviers entfaltete sich ein berührendes Zwiegespräch durch pulsierende Klavierakkorde, weit ausgreifende Arpeggien und fein gesponnene Läufe hin zu einem entrückt ersterbenden Schluss.
In der Begegnung der erfahrenen Pianistin, die weltweit als Bachinterpretin gefeiert wird, mit dem jungen, auch mal stürmisch agierenden Cellisten liegt ein spannungsreicher Zauber begründet. Von Müller-Schotts extrovertiertem Spiel profitiert Robert Schumanns Adagio und Allegro op. 70. Müller-Schott treibt mit erregtem Gestus sich und seine Partnerin an, mit großen dynamischen Kontrasten, ausholendem Ton und wohldosiertem Rubato. Dem gegenüber steht das tastende Nachhören in Johann Sebastian Bachs Gambensonate D-Dur BWV 1028. Die beiden Künstler gehen vorsichtig mit dieser Musik um, halten sich dynamisch zurück, neigen auch in motorisch geprägten Abschnitten nicht zur Entäußerung, als fürchten sie, die fragile Schönheit könnte leiden.
Zum Ereignis wird dieses Konzert aber in der finalen Beethovensonate A-Dur op. 69. Denn verblüffenderweise gelingt es Hewitt und Müller-Schott alle Sichtweisen der vorherigen Stücke hier zusammenzuführen. Der analytische Blick der Pianistin paart sich mit dem zupackenden Spiel des Cellisten. Und die beiden halten die Balance, wandeln traumhaft sicher zwischen kontrollierter Noblesse und befreiter Attacke. Das elegant-klassizistische Spiel beherrschen sie ebenso wie romantische Ausschweifungen, die sich vor allem im aberwitzigen Scherzo zeigen.