Bach Gamba Sonatas on Orfeo

2007-08-08 / Frankfurter Rundschau / HANS-JÜRGEN LINKE

Generationenwechsel

Die lässig zusammengebundenen Haare sind irgendwann einer seriösen Normalfrisur gewichen, aber sonst hat sich wenig verändert bei Daniel Müller-Schott, schon gar nicht an seinen Qualitäten als Kammermusiker und Duo-Partner.

Mit Johann Sebastian Bachs Gambensonaten BWV 1027-1029 setzt Müller-Schott einmal mehr eine eigene Duftmarke in einem Gewimmel bereits vorhandener Interpretationen. Der an historischer Aufführungspraxis geschulte Zugang zur Musik erscheint eher in der intellektuellen als in der klanglichen Gestaltung; wohl begründet ist der Verzicht auf Darmsaiten (… weil gerade diese schnellen Passagen so ein bisschen verschluckt werden. Da reagiert einfach die Stahlsaite unmittelbarer”) und ein historisches Tasteninstrument. Partnerin am Klavier ist die Kanadierin Angela Hewitt; von ihrer Virtuosität und Präsenz, Zurückhaltung und Präzision, kurz: von ihrer reichen Bach-Erfahrung profitiert die Interpretation enorm.

Im Vordergrund aber nutzt Müller-Schott sein Cello zu einer atemberaubenden Intonations-Strecke voller Wärme, aufmerksamer Klangnuancierung und feiner Dynamik, ohne in ein historisch unangemessenes Virtuosentum zu rutschen: Stets bleibt Respekt, wenn nicht gar Demut vor der Universalität der Bachschen Musiksprache spürbar, und die Aneignungsbewegung verliert, bei aller Freude und Intensität, nie das Postulat der Angemessenheit aus den Augen.

Die drei Gambensonaten werden ergänzt durch die Sonate für Viola da Gamba und Basso Continuo H 559 von Carl Philipp Emanuel Bach, die sich vom kompositorischen Gestus seines Vaters einen großen Schritt entfernt hat und kaum noch kontrapunktisch konstruiert, dafür melodisch umso effektvoller und plakativer gestaltet ist. So dass die sorgfältig durchdachten Interpretationen der beiden Bachs durch Hewitt und Müller-Schott zugleich zu einem exemplarischen Lehrstück für einen Generationen- und Paradigmenwechsel geraten.”