2006-06-20 / Stuttgarter Zeitung
Die Pianisten haben’s am besten: ihr Repertoire ist das größte der Instrumentalisten. Nicht immer wird es ausgeschöpft. Emmanuel Chabrier gehört zu den Komponisten von mittlerem Ruf, ein Nebenmeister in Frankreich zu Lebzeiten von César Franck und Gabriel Fauré, der zu oft übersehen wird. Doch Chabrier ist kein Kleinmeister, nur weil er meisterlich die kleinen Formen beherrschte. Französisch an seiner Musik ist, dass ihr das Sinfonische fremd bleibt. Die Klaviermusik gehört zu Chabriers besten Werken. Erstaunlich, dass der Komponist 1880 zu einem schockartig bekehrten Bewunderer Richard Wagners wurde. In seiner Musik spiegelt sich nichts von dem langen Atem des Idols, dessen Extremen. Chabriers Klavierwerke, von denen Angela Hewitt jetzt beim Label Hyperion eine Auswahl eingespielt hat, sind Aperçus, Miniaturen, delikat, mal fröhlich auflachend,seltener energisch tanzend. Ihr Gestus ist bildskizzenhaft, eine Spielanweisung wie sfumato ist ihr charakteristischer als ein Energico. Überrascht es,dass Chabrier mit Manet, Monet, Sisley, Cézanne und Renoir befreundet gewesen ist, ihre Bilder sammelte? Bei seinem Tod 1894 waren allein von diesen 28 in seinem Besitz. Hewitts exzellent aufgenommene Einspielung besonders der Dix Pièces Pittoresques setzt Chabrier ins Recht–es muss nicht immer Chopin sein.
Emmanuel Chabrier:Werke für Klavier.
Hyperion SACDA 67515 (Vertrieb:Codaex)